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BFH-Urteile zur Doppelbesteuerung der gesetzlichen und privaten Altersversorgung

Für die Kläger selbst blieben die Urteile zwar jeweils ohne Erfolg, durch die vom BFH aber konkretisierte Berechnungsmethode ausreichend dafür, dass der Gesetzgeber seine Übergangslösung für die 1. Schicht von der vorgelagerten in die nachgelagerte Besteuerung überarbeiten muss.

Hintergrund ist das Alterseinkünftegesetz (AltEinkG) aus 2005. Sowohl für die Besteuerungsseite als auch für die Beitragsseite hatte der Gesetzgeber damals sehr langfristig wirkende Übergangsregelungen geschaffen. Hiernach bleibt bei Rentnern, die bis einschließlich 2005 in den Rentenbezug eingetreten sind, ein Betrag von 50 % ihrer damaligen Rente dauerhaft steuerfrei. Für Rentner, die zu einem späteren Zeitpunkt in den Rentenbezug treten, reduziert sich der für den Freibetrag maßgebende Prozentsatz.

So sind bei Rentnern, die im Jahr 2021 erstmals eine Rente beziehen, nur noch 19 % der Rente aus 2021 steuerfrei. Dieser Prozentsatz sinkt für jedes weitere spätere Rentenbeginnjahr um 1%-Punkt. Rentner, die ab Ende der Übergangsregelung 2040 in den Rentenbezug eintreten werden, müssen ihre gesamte Rente versteuern. Für die Beitragsseite sehen die Übergangsregelungen vor, dass im Jahr 2005 zunächst nur 60 % der Altersvorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben abgezogen werden konnten, im Jahr 2021 sind es 92 %. Ab dem Jahr 2025 sind diese Aufwendungen in voller Höhe als Sonderausgaben abziehbar.

Das Bundesverfassungsgericht (BverfG) hatte in seinem Urteil vom 6.3.2002 (2 BvL 17/99) hinsichtlich der vom Gesetzgeber zu treffenden Übergangsregelungen u. a. formuliert: „In jedem Fall sind die Besteuerung von Vorsorgeaufwendungen für die Alterssicherung und die Besteuerung von Bezügen aus dem Ergebnis der Vorsorgeaufwendungen so aufeinander abzustimmen, dass eine doppelte Besteuerung vermieden wird.“ In zahlreichen Verfahren wurde seither geltend gemacht, dass die gesetzliche Übergangsregelung in zahlreichen Fällen zu einer doppelten Besteuerung führe; dies sei verfassungswidrig.

Im Ergebnis sind folgende Faktoren maßgeblich:

  • Eine Doppelbesteuerung ist nicht gegeben, wenn die Summe der voraussichtlichen steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse mindestens ebenso hoch ist wie die Summe der aus versteuertem Einkommen aufgebrachten Altersvorsorgeaufwendungen. Eine eventuelle Doppelbesteuerung kann ab dem Beginn des Rentenbezugs geltend gemacht werden.
  • Die erforderliche Vergleichs- und Prognoserechnung ist auf der Grundlage des Nominalwertprinzips vorzunehmen.
  • Als steuerfrei bleibende Rentenzuflüsse sind die infolge der Übergangsregelung zu beanspruchenden Rentenfreibeträge für die Rente des Steuerpflichtigen sowie für eine etwaige Hinterbliebenenrente seines statistisch voraussichtlich länger lebenden Ehegatten anzusetzen. Die zu erwartende Lebenserwartung ist der im Zeitpunkt des Renteneintritts letztverfügbaren Sterbetafel des statistischen Bundesamtes  zu entnehmen. Bei der Hinterbliebenenrente sind die entsprechenden Rentenartfaktoren sowie eventuelle Einkommensanrechnungen (Darlegungslast beim Steuerpflichtigen) zu berücksichtigen.
  • Weitere Beträge, die im Rahmen der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens des Rentners abziehbar sind oder steuerfrei gestellt werden, sind nicht einzubeziehen (z.B. Grundfreibetrag, Werbungskosten-Pauschbeträge, Vorsorgeaufwendungen ….)
  • Bei der Ermittlung der nicht als Sonderausgaben berücksichtigten Altersvorsorgeaufwendungen sind für die Veranlagungszeiträume bis 2004 die Beiträge zu den verschiedenen Sparten der gesetzlichen Sozialversicherung gleichrangig zu berücksichtigen, alle anderen Vorsorgeaufwendungen dagegen nachrangig. In Fällen der Zusammenveranlagung von Eheleuten, die jeweils eigene Vorsorgeaufwendungen getragen haben, werden die gemeinsamen Sonderausgaben-Höchstbeträge im Verhältnis der vorrangig zu berücksichtigenden Vorsorgeaufwendungen beider Eheleute aufgeteilt.

Das potenzielle Problem der Doppelbesteuerung betrifft ausschließlich Leistungen aus der 1. Schicht. Bei der Ertragsanteilsbesteuerung privater aber teilweise auch betrieblicher Renten kann dagegen bereits aus systematischen Erwägungen gegen das Verbot der Doppelbesteuerung nicht verstoßen werden.

Bei den zu beurteilenden Sachverhalten hat es sich um Rentenbeginne gehandelt, die noch vor 2010 lagen, so dass ein relativ großer Teil der Renteneinkünfte durch die Übergangslösung noch steuerfrei gestellt waren. Dies wird sich aber kontinuierlich verschlechtern. Spätestens bei Rentenbeginnen ab 2040 sind sämtliche Renten in der 1. Schicht zu versteuern, ein Teil der Beiträge war aber aufgrund der begrenzten Sonderausgabenabzugsfähigkeit aus versteuertem Einkommen finanziert. Damit ist ein Vorziehen der vollständigen Abzugsfähigkeit der Beiträge von bisher 2025 auf theoretisch 2022, so schon die ersten Aussagen aus dem Bundesfinanzministerium, auch nicht ausreichend, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden. Vor der Bundestagswahl wird aber hierzu keine Änderung vorgenommen, danach wird es aber ein interessantes Gesetzesänderungsverfahren ergeben, mit erheblichen Einflüssen auf die Steuereinnahmen.

Links zu den Urteilen:

BFH vom 19.5.2021 – X R 20/19

BFH vom 19.5.2021 – X R 33/19

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